Labor für Modellbasierte Motorapplikation
Modellbasierte Motorapplikation
Die hohen Anforderungen an die heutigen modernen Verbrennungsmotoren werden erst durch die aufwändigen und komplexen Motorsteuergeräte ermöglicht. Die im Motorsteuergerät enthaltenen Funktionen und Kennfelder müssen appliziert werden. Unter dem Begriff der Applikation wird hier das Bedaten der Steuergerätekennfelder verstanden. Seit den 80er Jahren haben sich der Umfang des Motormanagements und der Motorapplikation um ein Vielfaches erhöht, so dass sich in der Motorenentwicklung der eigenständige Beruf des Motorapplikateurs entwickelt hat und an Bedeutung immer mehr gewinnt. Aufgrund der aufwändigen und komplexen Applikationsaufgaben werden die kostenintensiven Entwicklungsarbeiten von der Straße auf den Prüfstand und die virtuelle Simulationswelt verschoben. Das Bedaten des Motorsteuergeräts mit Hilfe von Motormodellen wird als modellbasierte Applikation bezeichnet.
Aus diesen Gründen ist in dem Department Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau im Master-Studienschwerpunkt Antrieb und Fahrwerk das Gebiet der "Modellbasierten Applikation" eingeführt worden. Dieses Gebiet beinhaltet die Vorlesung Motormanagement und Motorapplikation, die Vorlesung "Statistische Versuchsplanung und Simulation", sowie ein Motorapplikationslabor mit 12 PC-Arbeitsplätzen in dem die Studierenden ihre Erkenntnisse aus den Vorlesungen in praktischen Applikationsübungen festigen können.
Lehre
Vorlesung Motormanagement und Motorapplikation
Das Motormanagement sorgt für die Umsetzung des Fahrerwunsches in eine entsprechende Antriebsleistung des Motors. Dazu ist eine Vielzahl von Motorfunktionen im Motorsteuergerät abgelegt und so miteinander verknüpft, dass das gewünschte Drehmoment dem Fahrer bei geringem Verbrauch und geringen Emissionen zur Verfügung steht.
Die Vorlesung soll die Studenten in die Lage versetzen, sich einen guten Überblick über das Motormanagement und dessen komplexen, miteinander verknüpften Funktionen zu erarbeiten. Außerdem sollen die wichtigsten Applikationstätigkeiten erlernt und diese an konkreten Anwendungsfällen aus der Praxis angewendet werden. In die Übungen sind sowohl die Arbeit mit dem PC (DoE-Motormodelle, Applikationssoftware INCA) als auch Fahrzeug- und Motor-Prüfstandsversuche integriert worden. In Projektarbeiten lernt der Student selbständig, ein Motorsteuergerät zu simulieren und es anschließend mit den DoE-Modellen zu bedaten.
Vorlesung Statistische Versuchsplanung (DoE) und Simulation
Zum Erreichen der gegenläufigen Ziele der Motorentwicklung (niedriger Verbrauch und Emissionen sowie hoher Fahrspaß) werden immer mehr Stellgrößen am Motor eingesetzt. Dieses hat zur Folge, dass der Applikationsaufwand – das Bedaten der Steuergerätekennfelder – zunimmt und somit die Entwicklungszeiten und Entwicklungskosten ansteigen. Mit der Statistischen Versuchsplanung (auch bekannt unter DoE, Design of Experiments) besteht die Möglichkeit, die Entwicklungszeiten und Entwicklungskosten um den Faktor 10 zu reduzieren. Des Weiteren lassen sich auch die Wechselwirkungen und Zusammenhänge im mehrdimensionalen Versuchsraum beschreiben und erlernen.
Die DoE-Vorlesung soll die Studenten in die Lage versetzen, mit Hilfe von Applikationsmethoden die wichtigsten Applikationsfunktionen bedaten zu können. Dazu soll die Applikationsmethode „Statistische Versuchsplanung“ erlernt und diese an konkreten Anwendungsfällen aus der Praxis angewendet werden. Durch die Anwendung vertieft und festigt der Student seine Kenntnisse in der Motorentechnik und Applikation. Die DoE- Modellbildung und Versuchsplanung erlernt der Student am PC mit Hilfe der DoE-Software (Cameo).
Motorapplikationslabor
Um die erlernten Themen der beiden Vorlesungen in praxisnahen Anwendungen zu vertiefen, stehen im Motorapplikationslabor 12 PC-Arbeitsplätze zur Verfügung. Diese sind mit einer DoE-Software (Cameo), der Motorapplikationsoftware INCA und weiteren Applikationsprogrammen ausgestattet.
Um die unterschiedlichen Arbeiten (vermessen der DoE-Versuchspläne, Verifikationsmessungen und Applikationsarbeiten) am realen Motor vornehmen zu können, steht den Studenten zusätzlich das Verbrennungsmotorenlabor zur Verfügung. In dem Verbrennungsmotorenlabor befinden sich zwei Ottomotoren (FSI und TSI) und ein Dieselmotor (TDI) mit Applikationssteuergeräten von Volkswagen. Der Prüfstand ist mit der modernsten Messtechnik (z.B.: Indizierung, Abgasmesstechnik) ausgerüstet.
Publikation
Model-Based Engine Calibration — A Challenge for Teaching
Ausgabe 11/2014 Seite 40-43
Zeitschriftenartikel: MTZ worldwide
Autor(en): Prof. Dr.-Ing. Hanno Ihme-Schramm
Quelle: Springer Automotive Media Wiesbaden GmbH (2014)